Autor

Picoult, Jodi
(1967*)

Titel

19 Minuten

Originaltitel

Nineteen Minutes

Genre

Drama

Seiten

473

Erscheinungsjahr

2007

Auszeichnungen

Verfilmungen

Verlag

Piper

Website des Autors

www.jodipicoult.com

Wertung

Inhalt

An einem gewöhnlichen Tag auf einer ganz gewöhnlichen Highschool ändert sich das Leben der Schüler für immer. Bei einigen von ihnen endet es ganz. Denn der 17jährige Peter Houghton, ein Außenseiter und jahrelang das Opfer von Schikanen, läuft Amok. Zehn Menschen sterben, etliche weitere werden durch Schüsse oder aufgrund der einsetzenden Panik verletzt. Josie Cromier zum Beispiel, deren Mutter als Richterin den Vorsitz übernehmen sol...

Rezension

In Rückblenden entrollt sich das Geschehen vor den Augen des Lesers, der aus der Gegenwart zum Tage des Massakers und teilweise Jahre zurück geworfen wird und dabei Peter und dessen Peiniger kennenlernt. Wobei "kennenlernt" etwas zu hoch gegriffen ist, da man den Figuren nie richtig nahekommt. Peter, der spätere Amokläufer, wird stets nur als Opfer dargestellt, weniger als eigeneständige Person, mit der man sich identifizieren könnte. Man hat Mitleid mit ihm, das schon, doch das Etikett des Verlierers, das ihm von seinen Mitschülern angeheftet wird, überstrahlt alles andere. Im Nachhinein fällt auf, wie wenig persönliche Augenblicke man mit ihm verlebt hat,obwohl er mit seiner Freundin eine Vergangenheit teilt, in der es viele schöne Erlebnisse gegeben haben muss. So bleibt der Täter, der nun den Spieß umdreht, sehr schablonenhaft.
Ebenso wenig erfährt man von Peters Mitschülern, die man größtenteils lediglich dem Namen nach kennt. Matt, Courtney und wie sie alle heißen bleiben Unbekannte und etnsprechen ansonsten dem Klischee der Sportskanone und allgemein der "In-Crowd", den angesagtesten Schülern. Sprich, diejenigen, die anders sind als sie, werden nicht nur ausgegrenzt, sondern gnadenlos niedergemacht. Der Versuch Picoults, Verständnis für den Amokläufer zu wecken - was ihr erstaunlicherweise gelingt - hat daher zur Folge, dass die Streiche, die man ihm spielt, immer zahlreicher und grausamer werden. Die Autorin gibt zwar an, aufwendige Recherchen zu dem Thema betrieben zu haben, doch das Motiv, welches sie dem Amoklauf zugrunde legt, wird vollkommen auf Rache reduziert. Da müssten doch auch andere Aspekte eine Rolle spielen, bestimmte Persönlichkeitsmerkmale etwa, da schließlich viele Unschuldige unter den Opfern sind, die sich nie an irgendwelchen Streichen beteiligt haben.
Richterin Alex Cromier und Tochter Josie wiederum fand ich absolut unsympathisch. Das schadet in meinen Augen dem ansonsten sehr aufwühlenden Roman. Durch den Wechsel zwischen Gegenwart und Vergangenheit, den zwischen Alex, Josie, Peter und Detective Patrick Ducharme - der einzigen durch und durch anständigen und netten Person weit und breit - wird eine Spannung erzeugt, die von der stufenweisen Enthüllung der Hintergründe der Tat lebt. Die große Überraschung zum Schluss, auf die Picoult hinarbeitet, war aber vorhersehbar. Ebenso wie die Viktimisierung Peters, mit dem man Mitleid empfindet und sogar ansatzweise versteht, weshalb er schließlich durchgedreht ist. Allerdings gelingt das Picoult nur, weil sie die Opfer fast vollständig ausblendet. Die Autorin schlägt sich wacker, ich war wirklich gespannt auf ihre Erklärungsversuche, doch die psychologische Seite kam für meinen Geschmack zu kurz.

Schon gewusst?
"19 Minuten" errang kurz nach Erscheinen bereits den ersten Platz der New-York-Times-Bestsellerliste und hielt sich dort wochenlang.