Autor

Mulisch, Harry

Titel

Siegfried - Eine schwarze Idylle

Originaltitel

Siegfried. Een zwarte idylle

Genre

Drama

Seiten

191

Erscheinungsjahr

2001

Auszeichnungen

Verfilmungen

Verlag

Hanser

Wertung

Inhalt

Der niederländische Schriftsteller Rudolf Herter ist auf Lesereise in Wien, mit seiner dreißig Jahre jüngeren Gattin. Er macht Lesungen und gibt Interviews, von denen eines im Fernsehen gesendet wird. Ein älteres Ehepaar nimmt daraufhin Kontakt mit ihm auf und behauptet, die persönlichen Bediensteten Adolf Hitlers auf dem Obersalzberg gewesen zu sein. Sie teilen dem erstaunten Herter unter dem Mantel der Verschwiegenheit Fakten mit, die nicht einmal er als Autor sich hätte ausdenken können...

Rezension

Zuallererst möchte ich den geneigten Leser davor warnen, den Klappentext auf der gebundenen Ausgabe zu lesen. Er verrät gleich zwei und zwar die einzigen Überraschungen, eigentlich den Clou des ganzen Romans! Natürlich muss der Verlag dem Käufer den Mund wässrig machen, aber ihm gleich die ganze Freude zu verderben, ist schändlich.
Dennoch habe ich die Lektüre sehr genossen, da ich den Stil des Autors mag. Woran kann ich dieses Urteil festmachen? Vielleicht daran, dass vor allem Gespräche bei ihm natürlich erscheinen, flüssig zu lesen sind, aber trotzdem nicht simpel. Mulisch findet die Balance zwischen gut zu lesenden Sätzen und Anspruch, was vor allem im letzten Teil des Buches zu spüren ist. Von Kant bis Hegel und Nietzsche wird aus der neuzeitlichen Philosophie beinahe alles aufgefahren, was Rang und Namen hat. Ich möchte nicht behaupten, dies restlos verstanden zu haben, aber interessant war es auf jeden Fall. Einen kleinen Wermutstropfen habe ich dennoch gefunden: Mulisch tendiert meiner Meinung nach am Ende seiner Romane dazu, ein wenig „abzudrehen“. Das mystische Element will aber so gar nicht zu dem durchaus als realistisches Szenario anzunehmenden Rest passen. Damit hebelt er seine eigene Glaubwürdigkeit aus und lässt mich unbefriedigt zurück. Meinethalben hätte er das auch weglassen können.
„Du willst ihn mit einer extremen, fiktiven Situation konfrontieren, doch kannst du dir eine extremere Situation denken als die, die er sich selbst ausgedacht und verwirklicht hat?“ Hitler vollständig zu begreifen wird wohl nie jemandem gelingen. Zumindest keinem, der mit einem gesunden Verstand gesegnet ist und Werte wie Moral und Mitleid vertritt. Dennoch übt er eine ungeheure Faszination aus und Mulisch ist es gelungen, diese einzufangen, auch wenn er sich eher auf die Menschen um Hitler herum konzentriert als auf den Führer selbst. Die persönlichen Diener kommen ebenso zu Wort wie Eva Braun, die aus ihrem (fiktiven) Tagebuch zitiert wird. Nicht ohne Humor führt der Autor ein Gedankenexperiment durch, welches ebenso erschreckend wie faszinierend ist.
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