Autor

Monaldi, Rita & Sorti, Francesco

Titel

Imprimatur

Originaltitel

Imprimatur

Genre

Historischer Krimi

Seiten

751

Erscheinungsjahr

2002

Auszeichnungen

Verfilmungen

Verlag

List

Wertung

Inhalt

Im September 1683 bricht angeblich die Pest aus in der Locanda del Donzello in Rom. Das Gasthaus wird unter Quarantäne gestellt, Fenster und Türen verriegelt, Wachen vor dem Gebäude auf Patrouille geschickt. Der kleinwüchsige, namenlose Hausbursche berichtet über die darauf folgenden Geschehnisse in seinem Tagebuch. Es haben sich nämlich sehr wundersame Gäste unter einem Dach versammelt, von denen jeder etwas zu verbergen hat. Da gibt es zum einen den Kastratensänger Abbé Melani, der versucht, den rätselhaften Tod eines anderen Gastes aufzuklären und den Hausburschen in seine Ermittlungen hineinzieht. Dabei ist nie klar, auf wessen Seite der Abbé steht, derweil die Türken vor den Toren Wiens stehen und nicht jeder Anwesende daran glaubt, dass Papst Innozenz XI. das Richtige tut...

Rezension

Ich muss vorausschicken, dass ich voreingenommen war, als ich mit "Imprimatur" begann, da es viele positive, wie auch negative Kritiken geerntet hat. Ich erwartete nicht viel, was teils bestätigt, teils widerlegt wurde. Zum am häufigsten genannten Minuspunkt, den angeblich überbordend vielen historischen Fakten kann ich nur sagen, man lernt nicht viel. Ein Vergleich mit Ecos "Der Name der Rose" finde ich fehl am Platze, da es im vorliegenden Werk keine seitenlangen Abhandlungen über bestimmte Themen gibt. Es sind immer nur leicht verdauliche Abschnitte und diese sind nicht immer nötig. Lange Passagen über Behandlungsmethoden der Pest finde ich nach einer Weile nicht mehr erquickend, genauso wenig die Aufzählungen historischer Gestalten, die zwar alle namentlich erwähnt werden, aber keinerlei Bedeutung für die Geschichte haben. Ich fand es ab und zu wirklich penetrant, wie Monaldi und Sorti mit ihrem recherchierten Wissen prahlen und recht ungelenk auf derartige Themen zu sprechen kommen.
Den Skandal um Papst Innozenz XI. fand ich allerdings äußerst faszinierend, weshalb ich auch die Diskussionen um die verschiedenen zerstrittenen Parteien und deren politische Ränke sehr gern gelesen habe. Ich will nur noch einmal klarstellen, dass solch geschichtlichen Fakten nur sehr wenig Platz in diesem Buch eingeräumt wird. Die meiste Zeit geschieht nichts Erinnerungswürdiges, so dass der Roman in meinem Gedächtnis auf deutlich weniger Seiten als die 700 zusammenschrumpft. Das hätten die Autoren oder Lektoren auch mit dem Manuskript tun sollen - kürzen.
Die Personen kommen über ein paar grundlegende Eigenschaften nicht hinaus und waren für mich nur "nackte Namen", um Eco zu zitieren. Der 22jährige Hausbursche benimmt sich wie ein Kleinkind und überzeugte mich nicht mit seinen wankelmütigen Sympathiebekundungen dem Abbé gegenüber. Die Autoren hofften wohl, den Leser dabei auf's Glatteis führen zu können, doch solche Versuche waren äußerst plump in ihrer Durchführung. Immerhin, die Enthüllung am Schluss über den Tod des einen Gastes hatte es in sich, wenn sie auch nicht über all die anderen, so großspurig präsentierten "Überraschungen" hinweg tröstet. Linear wird der Plot abgespult, ist daher größtenteils vorhersehbar und recht behäbig, wenn nicht gar widersprüchlich und unglaubwürdig. (Der Abbé meint, sie müssten den Kerl schnappen, bevor er die Pistole nachladen kann. Schön und gut, hätte sich dieser nicht ein paar Zeilen zuvor eine geladene Waffe gegriffen! Das "Heilmittel" gegen die Pest brauche ich ja wohl nicht eigens zu erwähnen.)
Es gibt einfach zu viele dieser kleinen und großen Mängel, als dass ich dem Buch unumschränkt zujubeln könnte. Vom Dahinplätschern der arg konstruierten Geschichte, bei denen die Figuren mehr Glück als Verstand beweisen, zu den vorhersagbaren Aufdeckungen (die Tochter, Mamacoca, der Plan des Gejagten) und dem von mir als störend empfundenen Wechsel zwischen Perfekt und Präsens. Der Stil wirkt an manchen Stellen holprig, doch ob das den Übersetzerinnen oder den Autoren anzukreiden ist, kann ich nicht sagen. Die beiden Erstgenannten haben alles in allem gute Arbeit geleistet, soweit ich sagen kann. Schön altmodisch die Wortwahl, wunderbar kurios Ugonios Sprechweise.
Einleitung und Anhang kann man sich meiner Meinung nach fast schenken, verlängern sie die Lektüre doch um 60 Seiten, in denen sich die Autoren gegenseitig auf die Schultern klopfen. Sicher, ich habe großen Respekt vor ihrer Leistung, Papst Innozenz XI. Ruf eindeutig geklärt zu haben, einige Details haben mit Sicherheit zur barocken Atmosphäre beigetragen, der Rest war unnötige Angeberei und der Roman arg nach Schema gestrickt. Raffinierte Kunstgriffe?! Das mit Cloridias Traumdeutung à la Freud ist mir sofort aufgefallen und ich fand es albern. Genauso wie die tölpelhaften Versuche, Witz hineinzubringen, da der Autoren Können nur für derbe Slapstickeinlagen ausreichte. Daher finde ich, dass dieses Buch nur recht niedrig gesetzten Ansprüchen genügt und für entspannte Abende geeignet ist, bei denen man nicht viel nachdenken will. Doch irgendwie ist es angenehm, in den ruhigen Fluten von "Imprimatur" zu plantschen (wo ist der Anhang, in dem die zahlreichen lateinischen Begriffe erklärt werden?!).
Dieses Buch ist Teil einer Reihe:
Abbé Melani
Imprimatur (2002)
Secretum (2005)
Veritas (2007)

im Original:
Abbé Melani
Imprimatur
Secretum
Veritas