Autor

Ibañes, Andrés

Titel

Die verlassene Geschichte

Originaltitel

La sombra del pájaro lira

Genre

Märchen-Abenteuer

Seiten

470

Erscheinungsjahr

2003

Auszeichnungen

Verfilmungen

Verlag

List

Wertung

Inhalt

Seit einiger Zeit schon ist Prinz Adenar von einer seltsamen Langeweile und Traurigkeit erfasst. Nach und nach verliert er sogar die Fähigkeit, in sein Gedächtnis einzutreten. Sein Vater der König und der Magier Namenlos entschließen sich, den jungen Prinzen fortzuschicken, um seine Seele zu suchen. Doch leider landet Adenar auf dem falschen Planeten und wird in ein Irrenhaus gesteckt...

Rezension

Auf dem Einband steht bereits geschrieben, dies sei "ein phantastischer Roman", wobei dies nicht im doppelten Sinne des Wortes zutrifft, wie ich finde. Er war gut, aber nicht so gut, dass ich ihn gleich nochmal lesen würde. Ibanez hat ein Märchen geschrieben, das auch genau so anfängt. Es gibt Könige, Magier, Drachen, Sirenen usw., um dann auf den Planeten Demonia umzuschwenken, der viele Züge unserer Realität aufweist. Dies wird alsbald durch die Palmholzkästchen und den Palast relativiert, doch sei nicht zuviel verraten. Ich war fast ein wenig enttäuscht, dass es zwischen Adenar und der Gesellschaft auf Demonia nicht noch mehr Punkte gibt, an denen sie sich reiben. Der Prinz findet sich sehr schnell zurecht, lernt innerhalb einer Woche die Sprache, nach ein paar mehr sogar lesen. Das meinte ich mit Märchen - sobald Probleme auftauchen, werden sie mir nichts, dir nichts auch schon gelöst und wahre Konflikte haben keinen Platz. Die Personen sind dementsprechend karg und machen unglaubwürdige Wandlungen durch (Sascha). Außerdem wundern sie sich, dass Adenar ein solch superbes Gedächtnis hat, obwohl er ihrer Meinung nach ebendieses verloren hat. Bei retrograder Amnesie nichts besonderes, neue Erinnerungen könnn nur bei anterograder Amnesie nicht mehr gebildet werden. Der Autor hätte sich besser informieren müssen! Er hätte gleichzeitig all die anderen Ungereimtheiten ausmerzen können, wie die Tatsache, dass die Presse zwar um Viktor herumschwirrt wie die Motte um das Licht, aber nie nach der anderen Erbin des Braunfeld-Vermögens gefragt hat. Das wäre für sie doch ein gefundenes Fressen gewesen! Oder dass ein Raumschiff gebaut wurde, für dessen Betrieb man Pflanzenteile benötigt, die es auf Demonia noch nie gegeben hat. Dann hätten sie im voraus wissen müssen, dass Adenar kommen würde. Überhaupt ist die Verstrickung zwischen "Der Erzählung", also Adenars Welt, ihm selbst und dem Planeten Demonia weit hergeholt, wenn nicht unmöglich zu nennen, je mehr man darüber nachdenkt.
Sauer stießen mir darüber hinaus die in meinen Augen äußerst naiven Lebensweisheiten auf, die nicht nur aufgesetzt wirkten, sondern die ich als störend empfand. Das "Raumschiff" fand ich auch nicht berauschend, vielmehr unfreiwillig komisch. Ibanes will auf Teufel komm raus den Philosophen rauskehren und scheitert dabei in punkto Tiefsinnigkeit und Neuheit. Was ich mit Letzterem meine? Philosophie ist für mich etwas, das Wege des Denkens beschreitet, die noch keiner zuvor gegangen ist, Dinge beleuchtet, an die noch niemand zuvor so gedacht hat. Was der Autor von sich gibt hat nicht mehr Niveau als ein Kalendersprüchlein. Das soll nicht heißen, dass dieses Märchen nicht schön ist, dass ich nicht gerne Adenar auf seiner Reise begleitet habe. Die Suche nach seiner Seele steht übrigens noch aus, also können wir vielleicht auf einen zweiten Band hoffen? Wenn Ibanez ein wenig von seiner Naivität ablegt und an Poesie zulegt - noch lässt er sich eher zum Kitsch hinreißen - könnte was aus ihm werden.